Was kostet es eigentlich, sich von einem Anwalt beraten und gegebenenfalls vor Gericht vertreten zu lassen? – Das ist eine sehr berechtigte Frage, die leider auch für einen Anwalt im Vorhinein nicht immer leicht zu beantworten ist. Ich will es trotzdem versuchen.
1. Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG)
Die Vergütung des Anwalts ist im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz geregelt. Treffen Anwalt und Mandant keine abweichende Vergütungsvereinbarung, dann kommt das RVG zur Anwendung.
Leider ist das RVG recht kompliziert.
a) Gegenstands- oder Streitwert
Die RVG-Vergütung setzt beim sogenannten Streitwert oder Gegenstandswert an. Wie ermittelt man den? Wenn Sie von Ihrem Gegner beispielsweise 5.000 € haben wollen, dann beträgt der Gegenstandswert 5.000 €. Das ist einfach. Wurde Ihr Arbeitsverhältnis gekündigt und Sie erheben dagegen Kündigungsschutzklage, dann bestimmt das Gesetz, dass der Gegenstandswert drei Bruttomonatsgehälter beträgt. Streiten Sie zudem noch über das Arbeitszeugnis, kommt ein weiteres Bruttomonatsgehalt dazu. Dann haben Sie also einen Streitwert von vier Bruttomonatsgehältern.
Und wenn der Anwalt für Sie einen Grundstückskaufvertrag entwirft oder prüft? Dann ergibt sich der Gegenstandswert regelmäßig aus dem Kaufpreis, ist also häufig schon relativ hoch. Bei einem langfristigen gewerblichen Mietvertrag, der vielleicht über zehn Jahre läuft, kommt regelmäßig ein noch viel höherer Gegenstandswert heraus.
b) Gebührentatbestände
Neben der sachgerechten Bestimmung des Gegenstandswertes muss man auch noch schauen, welche Gebührentatbestände anfallen. Für die außergerichtliche Vertretung wird üblicherweise eine 1,3 Geschäftsgebühr angesetzt. Bei einem gerichtlichen Verfahren beträgt die Verfahrensgebühr ebenfalls 1,3. Dann kommt allerdings regelmäßig noch eine 1,2 Terminsgebühr hinzu und gegebenenfalls auch eine 1,0 Einigungsgebühr, wenn es nämlich zu einer gütlichen Einigung mit der Gegenseite kommt. Erfolgt die Einigung außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens, dann beträgt die Einigungsgebühr sogar 1,5.
c) Gebührentabelle
Diese Werte, also 1,2, 1,3 und 1,5, beziehen sich nicht direkt auf den Gegenstandswert. Vielmehr gibt es eine Tabelle, in der festgelegt ist, wie hoch eine 1,0 Gebühr bei den verschiedenen Gegenstandswerten ist. Bei einem Gegenstandswert von € 5.000 beträgt eine 1,0 Gebühr beispielsweise € 303,00. Hinzu kommen Auslagen und Mehrwertsteuer. Beträgt der Gegenstandswert € 100.000, dann beläuft sich eine 1,0 Gebühr auf netto € 1.503. Und bei einem Gegenstandswert von 1 Million wären wir schon bei € 4.713,00 netto. Ein Prozess über eine Million Streitwert mit gütlicher Einigung im Termin kostet als – pro Anwalt – € 16.499,50 (plus Auslagen und Mehrwertsteuer). Bei einem Streitwert von € 100.000 wären es dagegen „nur“ € 5.260,05 (plus Auslagen und MWSt). Und wenn Sie nur über € 5.000 streiten, dann sind Sie schon mit € 1.060,50 (netto) dabei.
d) Fazit
Wir können also festhalten: Hoher Gegenstandswert bedeutet hohe Anwaltsgebühren. Niedriger Gegenstandswert bedeutet dagegen eher geringe Anwaltsgebühren.
(Noch was: Wenn Sie gewinnen, muss Ihnen der Gegner – außer im Arbeitsrecht – regelmäßig Ihre notwendigen Kosten erstatten. Aber Ihren Anwalt müssen Sie trotzdem zunächst selber bezahlen. In aller Regel verlangt er sogar einen Vorschuss, bevor er überhaupt tätig wird. Dass er das auch darf, ergibt sich aus § 9 RVG).
2. Vergütungsvereinbarung
Kein Anwalt ist verpflichtet, zu den gesetzlichen Gebühren nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz zu arbeiten. Er kann stattdessen mit dem Mandanten, sofern dieser einverstanden ist, eine Vergütungsvereinbarung schließen. Die vereinbarten Gebühren dürfen allerdings bei gerichtlichen Verfahren die Gebühren nach dem RVG nicht unterschreiten, wohl aber dürfen sie höher sein. Das schreibt das Gesetz so vor.
a) Zeitaufwand, Stundensätze
Gerade bei Beratungsleistungen wird häufig eine Vergütung nach Zeitaufwand vereinbart. Ein üblicher Stundensatz beträgt 200 € plus Mehrwertsteuer. Viele Kanzleien verlangen allerdings regelmäßig sehr viel höhere Stundensätze. Dies erscheint auch angemessen, wenn es sich um eine Angelegenheit von großer wirtschaftlicher Bedeutung handelt. Bei Angelegenheiten, die nur eine sehr geringe wirtschaftliche Bedeutung haben, kann man dagegen schnell in die Situation kommen, dass das Zeithonorar, welches der Anwalt mit dem Mandanten vereinbaren möchte, den Gegenstandswert erreicht oder sogar übersteigt. In diesem Fall macht es für den Mandanten in der Regel wirtschaftlich keinen Sinn, die Angelegenheit zeitaufwändig von einem Anwalt bearbeiten zu lassen, der nach Stundensätzen abrechnet. Da hilft dann leider auch keine Rechtschutzversicherung weiter, da Rechtschutzversicherungen immer nur die gesetzlichen Gebühren nach RVG erstatten.
Für die üblichen Beratungsmandate ist die Abrechnung nach Zeitaufwand meines Erachtens das beste und gerechteste Vergütungsmodell.
b) Pauschalhonorar
Anwalt und Mandant können sich natürlich auch auf ein Pauschalhonorar einigen. Zum Beispiel kann man vereinbaren, dass der Anwalt für den Entwurf eines Arbeitsvertrages, Mietvertrages oder sonstigen Vertrages pauschal einen bestimmten Betrag erhält. Dann weiß der Mandant im Vorhinein, was ihn die anwaltliche Leistung kostet. Die Vereinbarung von Pauschalhonoraren ist jedoch problematisch, wenn man nicht weiß, wie groß der Zeitaufwand sein wird. Deshalb ist die Vereinbarung eines Pauschalhonorars zwar bei der Vertragsgestaltung sinnvoll, nicht aber bei einer außergerichtlichen oder gerichtlichen Vertretung. Denn sobald ein Gegner mit im Spiel ist, weiß man eigentlich nie, ob man die Sache zu einem schnellen Abschluss bringt oder ob sich die Auseinandersetzung über Monate oder gar Jahre hinzieht. Da wäre dann die Vereinbarung eines Zeithonorars aus meiner Sicht sachgerechter.
c) Erfolgshonorar
Vielleicht haben Sie schon davon gehört, dass amerikanische Anwälte mit ihren Mandanten häufiger so genannte Erfolgshonorare (contingency fees) vereinbaren. Das sieht dann so aus: Wenn der Anwalt den Prozess verliert, bekommt er nichts. Gewinnt er dagegen, dann bekommt er 30 % der erstrittenen Geldsumme, manchmal sogar mehr.
Die Vereinbarung eines solchen Erfolgshonorars ist im deutschen Recht aber nur in engen Ausnahmefällen möglich (§ 4a RVG). Große praktische Bedeutung haben Erfolgshonorare hierzulande daher bisher nicht erlangt.
3. Fazit
Als Fazit kann man festhalten, dass Mandant und Anwalt vor der Begründung eines Mandates in jedem Fall über die Vergütung sprechen sollten. Denn sonst gilt das RVG, und dieses ist nicht immer sachgerecht.