Dienstag, 23. April 2024

Previous slide
Next slide

Zentrale Themen im Arbeitsrecht: Von Abfindung bis Zeugnis

Zentrale Themen im Arbeitsrecht

oder: Was Sie schon immer über Arbeitsrecht wissen wollten, aber nie zu fragen wagten

Letzte Woche war ich im Mediamarkt, um mir einen neuen Fernseher zu kaufen. – Moment mal, was hat denn das mit Arbeitsrecht zu tun? Geduld, wir kommen gleich dazu. – Der hilfsbereite (oder vielleicht auch nur verkaufstüchtige) Mitarbeiter dort sprach viel von LCD, OLED, QLED und anderen technischen Dingen, von denen ich so gut wie keine Ahnung hatte. Warum sollte ich auch? Ich bin Jurist und kein Fernsehfachmann. Wahrscheinlich geht es vielen von Ihnen ähnlich, wenn Anwälte, zumal Fachanwalt für Arbeitsrecht, von Änderungskündigung, Sozialauswahl, Scheinselbständigkeit oder Versetzungsklauseln sprechen. Das sind Fachbegriffe aus einem Bereich, nämlich Arbeitsrecht, mit dem die meisten Nichtjuristen doch eher selten oder nur am Rande zu tun haben.

Nachfolgend möchte ich daher zentrale Begriffe des Arbeitsrechts kurz und prägnant erläutern.

1. Abfindung

Viele meinen: Wenn man vom Arbeitgeber eine Kündigung bekommt, sollte man auf eine möglichst hohe Abfindung klagen. – Aber das ist in dieser Form nicht richtig.

a) Was ist überhaupt eine Abfindung?

Eine Abfindung ist eine Zahlung, die ein Arbeitnehmer vom Arbeitgeber bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses als Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes erhält.

b) Hat der Arbeitnehmer Anspruch auf eine Abfindung?

In der Regel nein. Von Ausnahmen abgesehen, gibt es keinen Rechtsanspruch auf eine Abfindung. Abfindungsansprüche können sich allenfalls aus Sozialplänen, Tarifverträgen oder dem einzelnen Arbeitsvertrag ergeben, aber das ist eher selten. Am ehesten bestehen solche Ansprüche noch im Rahmen von Sozialplänen.

Man kann also als Arbeitnehmer in aller Regel nicht auf Zahlung einer Abfindung klagen. Vielmehr muss bzw. kann man gegen die Wirksamkeit einer arbeitgeberseitigen Kündigung vorgehen und versuchen, auf diesem Wege dann eine Abfindungslösung zu erreichen (dazu sogleich).

Sehr schwierig ist es dagegen für einen Arbeitnehmer, eine Abfindung zu bekommen, wenn der Arbeitnehmer von sich aus das Unternehmen verlassen möchte. Das geht eigentlich nur, wenn man den Arbeitgeber zu der Überzeugung bringt, dass es auch für das Unternehmen besser wäre, wenn der Mitarbeiter möglichst schnell geht. Aber so etwas erfordert viel Verhandlungsgeschick auf Seiten des Arbeitnehmers oder seines Anwalts.

c) Enden Kündigungsschutzverfahren häufig mit einer Abfindung?

Ja, absolut. Der Grund ist folgender: Häufig ist rechtlich unklar, ob eine vom Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung rechtswirksam ist oder nicht. In der Güteverhandlung vor dem Arbeitsgericht weist der Richter oder die Richterin die Parteien in aller Regel darauf hin, dass der Ausgang des Prozesses ungewiss ist und dass es sich über einen längeren Zeitraum hinziehen kann, bis eine rechtliche Klärung herbeigeführt ist. Schon bis zum Urteil in der 1. Instanz kann es 6 bis 12 Monate dauern. Schließt sich dann noch eine Berufung oder gar Revision an, wissen beide Parteien über Jahre hinaus nicht, woran sie sind.

Wie viel besser ist es da, gleich in der Güteverhandlung, also in der Regel schon ein paar Wochen nach Ausspruch der Kündigung, eine gütliche Einigung in Form eines Vergleiches zu erzielen.

Ein solcher Vergleich sieht häufig so aus, dass das Arbeitsverhältnis einvernehmlich gegen Zahlung einer Abfindung beendet wird. Aus diesen rein praktischen Überlegungen heraus ist die Zahlung einer Abfindung daher der Regelfall. – Böse Zungen sagen auch: das Arbeitsgericht drängt die Parteien vor allem deshalb zu einem Vergleich mit Abfindungszahlung, weil sich die Richter dadurch ein langwieriges Verfahren und die Notwendigkeit, ein Urteil zu schreiben, ersparen. Eine schnelle Verfahrensbeendigung macht sich auch gut in der Erledigungsstatistik, und diese spielt eine nicht unerhebliche Rolle bei der Frage, ob ein Richter befördert wird oder nicht. Aber das sind natürlich nur Gerüchte.

d) Und wie hoch ist die Abfindung normalerweise?

Die Höhe der Abfindung ist immer Verhandlungssache. Ein Vergleich mit Abfindung kommt nur dann zustande, wenn sich beide Parteien, also Arbeitgeber und Arbeitnehmer, darauf einigen. Das Gericht kann die Parteien zwar zu einem Vergleich drängen, aber nicht zwingen.

Die Höhe der Abfindung richtet sich danach, wie die Parteien ihre Erfolgsaussichten im Prozess beurteilen. Als Faustformel gilt häufig: die Abfindung beträgt ein halbes Bruttomonatsgehalt pro Jahr der Betriebszugehörigkeit. Wenn jemand also 10 Jahre bei einem Unternehmen beschäftigt war und zuletzt 3.000 € brutto im Monat verdient hat, würde die Abfindung demnach 15.000 € brutto betragen.

Entscheidend sind aber, wie gesagt, die Erfolgsaussichten der Kündigungsschutzklage. Sind die Erfolgsaussichten des Arbeitnehmers gering, weil zum Beispiel gar kein Kündigungsschutz besteht, dann kann er nicht mit einer Abfindung in Höhe der Faustformel rechnen. Ist die Kündigung dagegen offensichtlich unbegründet, der Arbeitnehmer schon sehr lange im Betrieb beschäftigt und hat er, zB aufgrund seines Alters, schlechte Chancen, auf dem Arbeitsmarkt einen anderen Arbeitsplatz zu finden, sollte die Abfindung deutlich höher ausfallen als nach der Faustformel. Berücksichtigen muss man natürlich auch die finanzielle Lage des Unternehmens. – Letztendlich ist es also eine Frage des Verhandlungsgeschicks, auf welchen Betrag man sich im Ergebnis einigt.

2. Abmahnung

Eine Abmahnung ist noch keine Kündigung, häufig aber die Vorstufe dazu. Eine verhaltensbedingte Kündigung, also eine Kündigung wegen eines Fehlverhaltens des Arbeitnehmers, setzt in der Regel voraus, dass der Arbeitnehmer zuvor mindestens einmal sachgerecht abgemahnt wurde. Wie sieht nun eine solche sachgerechte Abmahnung aus?

a) Aus der Abmahnung muss hinreichend deutlich hervorgehen, welches Verhalten der Arbeitgeber abmahnt. Geht es um Zuspätkommen, muss bzw. sollte genau festgehalten werden, wann der Arbeitnehmer um wie viele Minuten oder Stunden zu spät gekommen ist. Pauschale Begriffe wie „Schlechtleistung“ reichen nicht aus. Vielmehr muss die Abmahnung genau festhalten, welche Schlechtleistung der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer vorhält.

b) Die Abmahnung muss dem Arbeitnehmer zudem deutlich machen, dass der Arbeitgeber das abgemahnte Verhalten als Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten ansieht. Vage Formulierungen wie „Wir finden es nicht gut, dass …“ wären in diesem Zusammenhang sicher kontraproduktiv und nicht ausreichend. Die Abmahnung soll den Arbeitnehmer ja gerade darauf hinweisen, dass sein Verhalten vertragswidrig ist bzw. vom Arbeitgeber als vertragswidrig angesehen wird (sogenannte Hinweisfunktion).

c) Vor allem aber muss aus der Abmahnung deutlich erkennbar sein, dass der Arbeitnehmer im Wiederholungsfalle mit konkreten arbeitsrechtlichen Konsequenzen, insbesondere einer Kündigung zu rechnen hat (sogenannte Warnfunktion).

d) Eine Abmahnung muss nicht unbedingt schriftlich sein, sondern kann auch mündlich ausgesprochen werden. Ein gesetzliches Schriftformerfordernis gibt es für die Abmahnung nicht. Unter Beweisgesichtspunkten empfiehlt sich jedoch in jedem Fall eine schriftliche  Abmahnung, zumindest in Textform. Ich empfehle dem Arbeitgeber, sich den Erhalt der Abmahnung vom Arbeitnehmer schriftlich bestätigen zu lassen. Am besten redet man in diesem Zusammenhang auch darüber, wie sichergestellt wird, dass das abgemahnte Fehlverhalten in Zukunft unterbleibt.

3. Änderungskündigung

a) Inhalt und Zweck

Während eine „normale“ Kündigung darauf abzielt, das Arbeitsverhältnis zu beenden (sog. Beendigungskündigung), bezweckt der Arbeitgeber mit einer Änderungskündigung eine Änderung der Arbeitsbedingungen, also zum Beispiel eine Verringerung der Arbeitszeit und/oder der Arbeitsvergütung.

b) Gesetzliche Regelung

In § 2 des Kündigungsschutzgesetzes ist das wie folgt definiert bzw. beschrieben:

Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bietet er dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen an, so kann der Arbeitnehmer dieses Angebot unter dem Vorbehalt annehmen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist“.

Eine Änderungskündigung ist also die Kombination aus Kündigung und Angebot der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen. Letztere müssen in der Änderungskündigung so genau beschrieben werden wie in einem Arbeitsvertrag auch.

c) Wie reagiert man als Arbeitnehmer darauf?

Die in der Regel sachgerechte Reaktion des Arbeitnehmers auf eine Änderungskündigung ist, das Änderungsangebot unter Vorbehalt anzunehmen und dann im Rahmen einer Änderungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht überprüfen zu lassen, ob die vom Arbeitgeber gewollten Änderungen sachlich gerechtfertigt sind. Sind sie es nicht, dann wird das Arbeitsverhältnis zu den alten Bedingungen fortgesetzt. Ist das Änderungsverlangen des Arbeitgebers dagegen gerechtfertigt, gelten die neuen Arbeitsbedingungen. Im Verfahren ist natürlich auch eine gütliche Einigung in Form eines Kompromisses möglich.

Durch die Annahme des Änderungsangebot unter Vorbehalt vermeidet der Arbeitnehmer, dass er seinen Arbeitsplatz (gänzlich) verliert. Durch die gerichtliche Überprüfung des Änderungsangebots stellt er sicher, dass er sich zu nichts zwingen lässt, wozu er rechtlich nicht verpflichtet ist.

4. Aufhebungsvertrag, Abwicklungsvertrag

a) Begriff und Abgrenzung

Die Kündigung ist eine einseitige Erklärung des Arbeitgebers oder Arbeitnehmers, das Arbeitsverhältnis zu beenden. Ein Aufhebungsvertrag dagegen ist die (einvernehmliche) Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, das Arbeitsverhältnis zu beenden. Erfolgt eine solche einvernehmliche Regelung, nachdem der Arbeitgeber bereits eine Kündigung ausgesprochen hat, bezeichnet man das ganze auch als Abwicklungsvertrag. Ansonsten bestehen zwischen Aufhebungsvertrag und Abwicklungsvertrag praktisch keine Unterschiede.

b) Schriftform

Ebenso wie für eine Kündigung auch, besteht für einen Aufhebungsvertrag das gesetzliche Schriftformerfordernis des § 623 BGB. Auch ein Abwicklungsvertrag sollte sicherheitshalber schriftlich abgeschlossen werden.

c) Inhalt, Regelungsgegenstand

Regelungsgegenstand eines Aufhebungsvertrages ist in erster Linie die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu einem bestimmten Zeitpunkt. Durch diese einvernehmliche Beendigung wird Rechtssicherheit geschaffen. Man vermeidet also die Ungewissheit, ob eine Kündigung rechtswidrig wäre oder nicht. Das ist in der Regel für beide Seiten von Vorteil.

Regelmäßig erfolgt die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung. Deren Höhe kann frei vereinbart werden – siehe dazu auch den Beitrag zum Thema „Abfindung“. Die Zahlung einer Abfindung ist jedoch nicht zwingend. Wenn zB der Vorwurf einer schweren Verletzung des Arbeitsvertrages durch den Arbeitnehmer im Raum steht, die ggf. auch eine fristlose Kündigung rechtfertigen könnte, kann die Einigung auch dahin gehen, dass das Arbeitsverhältnis lediglich „aus betriebsbedingten Gründen“ und  unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist aufgehoben wird, dann aber ohne Abfindungszahlung.

Weitere wichtige Punkte, über die man sich einigen sollte: Zahlung der noch offenen Vergütung (zB Provision, Weihnachtsgeld), Freistellung in der Zeit zwischen Abschluss/Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages und Beendigungszeitpunkt, Urlaubsabgeltung, Zeugnis, gegebenenfalls Rückgabe von Dienstwagen oder sonstigen Gegenständen, gegebenenfalls nachvertragliches Wettbewerbsverbot, Abgeltungsklausel, Stillschweigen usw.

d) Sperrzeit beim Arbeitslosengeld

Der Abschluss eines Aufhebungsvertrages kann zu einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld führen (Sperrzeit wegen Aufgabe des Arbeitsplatzes und Herbeiführung der Arbeitslosigkeit). Auf diesen Umstand sollte der Arbeitgeber den Arbeitnehmer schriftlich hinweisen, und der Arbeitnehmer sollte sich bezüglich der Einzelheiten sachgerecht beraten lassen.

Ein Sperrzeit lässt sich in der Regel dadurch vermeiden, dass sich die Parteien im Rahmen eines Kündigungsschutzverfahrens in der Güteverhandlung – oder durch einen vom Gericht außerhalb der Verhandlung protokollierten Vergleich im Sinne von § 278 Abs. 6 ZPO – auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses „auf Veranlassung des Arbeitgebers und aus dringenden betrieblichen Gründen“ verständigen. Der Inhalt eines solchen Vergleiches entspricht im wesentlichen dem Inhalt eines außergerichtlichen Aufhebungsvertrages.

e) Anfechtung oder Widerruf

Ein Aufhebungsvertrag kann nur unter sehr engen Voraussetzungen nachträglich angefochten werden. Ein Widerruf ist grundsätzlich nicht möglich. Beide Parteien sind also gut beraten, die einzelnen Regelungen im Aufhebungsvertrag sorgfältig zu durchdenken und die Vereinbarung nicht überstürzt zu unterzeichnen.

5. Befristete Arbeitsverträge

a) Begriff und Einordnung

Normalerweise werden – bzw. wurden jedenfalls in der Vergangenheit – Arbeitsverträge auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Wenn man sie beenden will, muss man eine Kündigung aussprechen. Hierfür gibt es Fristen, und häufig genießt der Arbeitnehmer auch Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz.

Einer Kündigung bedarf es dagegen nicht, wenn der Arbeitsvertrag von Anfang an für eine bestimmte Zeit eingegangen wird, also befristet ist. Dann endet er nämlich automatisch mit Fristablauf, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Es gibt dann auch keinen Kündigungsschutz. Das ist einerseits schlecht für den Arbeitnehmer, soll aber andererseits zu mehr Neueinstellungen führen.

b) Arten der Befristung

Eine Befristung kann kalendermäßig erfolgen, also zum Beispiel „für die Dauer von einem Jahr“ oder „bis zum 31.12.2020“. Daneben gibt es die sogenannte Zweckbefristung, zum Beispiel für die Zeit, in der sich eine andere Mitarbeiterin in Mutterschutz oder Elternzeit befindet. Kalendermäßig befristete Arbeitsverträge enden, wie gesagt, mit Ablauf der Zeit, für die sie eingegangen sind. Ein zweckbefristeter Arbeitsvertrag endet mit Erreichen des Zwecks, frühestens jedoch 2 Wochen, nachdem der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer schriftlich mitgeteilt hat, dass der Zweck erreicht ist, die andere Mitarbeiterin also zB wieder gesund oder aus der Elternzeit zurück ist.

Desweiteren unterscheidet man zwischen sachgrundlosen Befristungen und Befristungen durch einen sachlichen Grund. Ein solcher sachlicher Grund ist zum Beispiel die Vertretung eines anderen Arbeitnehmers oder auch die Befristung zur Erprobung (siehe hierzu im einzelnen § 14 des Teilzeit und Befristungsgesetzes).

c) Zulässigkeit

Befristungen sind problematisch, da sie in gewisser Weise den Kündigungsschutz umgehen. Daher sind ihrer Zulässigkeit Grenzen gesetzt. Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist nur bis zur Dauer von 2 Jahren zulässig. Zulässig ist es aber, den Vertrag zunächst auf 6 Monate zu befristen, und dann später zu verlängern, allerdings darf die Befristung  eben insgesamt nur für 2 Jahre erfolgen und es dürfen höchstens 3 Verlängerungen vorliegen. Nicht zulässig ist die sachgrundlose Befristung, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein Arbeitsverhältnis bestanden hat; denn man, d.h. der Gesetzgeber will ja Neueinstellungen fördern.

d) Besonderheiten

Besonderheiten bestehen, wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses der 52. Lebensjahr vollendet hat (§ 14 Abs. 3 Teilzeit und Befristungsgesetz). Abweichungen zu den oben genannten Regelungen können sich auch aus einem Tarifvertrag ergeben. Besonderheiten bestehen im übrigen für befristete Arbeitsverträge mit wissenschaftlichem und künstlerischem Personal. Hierfür gilt das Gesetz über befristete Arbeitsverträge in der Wissenschaft (Wissenschaftszeitvertragsgesetz).

e) Schriftform

Befristete Arbeitsverträge müssen zwingend schriftlich abgeschlossen werden (§ 14 Abs. 4 Teilzeit und Befristungsgesetz). Ansonsten entsteht ein unbefristetes Arbeitsverhältnis.

f) Und was sind Kettenarbeitsverhältnisse?

Unter einem Kettenarbeitsverhältnis oder einer Kettenbefristung versteht man das Aneinanderreihen mehrerer befristeter Arbeitsverträge. Ein solches Vorgehen kann rechtsmissbräuchlich sein. Dies hätte zur Folge, dass ein unbefristeter Arbeitsvertrag vorliegt.
Das Problem des Rechtsmissbrauchs bei Kettenbefristungen stellt sich eigentlich nur bei Befristungen aus sachlichem Grund. Denn kalendermäßige Befristungen ohne sachlichen Grund dürfen ja schon kraft Gesetzes die Dauer von 2 Jahren nicht überschreiten.

Solche gesetzlichen Fristen gibt es bei Sachgrundbefristungen dagegen nicht. Der Wortlaut des Gesetzes lässt die Aneinanderreihung von Sachgrundbefristungen vielmehr ohne weiteres zu. Grenze ist hier dann nur das (ungeschriebene bzw. allgemeine) Verbot des Rechtsmissbrauchs. Wann ein solcher Rechtsmissbrauchs vorliegt, wird von der Rechtsprechung festgelegt. Nach derzeitigem Stand liegt beispielsweise bei einer Gesamtlaufzeit des Arbeitsverhältnisses von 6 Jahren mit insgesamt 9 Verlängerungen regelmäßig noch kein Missbrauch vor, bei einer Vertragslaufzeit von mehr als 8 Jahren und über 12 Verlängerungen dagegen schon. Aber das sind letztendlich nur Anhaltspunkte, und es kommt – wie so häufig im Arbeitsrecht – immer auf den konkreten Einzelfall an.

g) Klagemöglichkeit, gerichtliche Überprüfung

Wenn der Arbeitnehmer der Auffassung ist, dass eine Befristung unwirksam ist, kann er eine Befristungskontrollklage bzw. Entfristungsklage erheben. Im Rahmen dieses gerichtlichen Verfahrens wird dann festgestellt, ob die Befristung des Arbeitsverhältnisses rechtswirksam ist oder nicht. Ist die Befristung unwirksam, dann besteht ein unbefristetes Arbeitsverhältnis, welches nur durch Kündigung beendet werden kann. Alternativ können sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer natürlich auch im Wege eines Vergleiches darauf verständigen, das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung aufzuheben, also gänzlich zu beenden. Aber das wäre Verhandlungssache.

6. Betriebsübergang

Als Fachanwalt für Arbeitsrecht hat man mit dem Thema Betriebsübergang sowohl auf Arbeitgeberseite als auch auf Arbeitnehmerseite zu tun.

Vertritt man den Arbeitgeber, geht es häufig darum, eine geplante Transaktion so zu gestalten, dass die Rechtsfolgen des Paragrafen 613a BGB (Betriebsübergang) nach Möglichkeit vermieden werden. Und der Arbeitnehmer will von seinem Anwalt häufig wissen, ob – entgegen der Mitteilung des Arbeitgebers – möglicherweise doch ein Betriebsübergang vorliegt und wie er sich in so einem Fall zu verhalten hat.

Es lohnt sich also, das Thema „Betriebsübergang“ näher zu beleuchten.

a) Begriff und Abgrenzung

Folgendes Beispiel zum Einstieg: Wenn Herr  Meyer, dem alle Anteile an der Meyer GmbH gehören, diese Anteile an Herrn Mueller veräußert, dann liegt kein Betriebsübergang im Sinne von § 613a BGB vor. Inhaber des Betriebes ist und bleibt die Meyer GmbH. Die Arbeitnehmer bleiben nach wie vor Arbeitnehmer der Meyer GmbH, ihre Arbeitsverträge gelten unverändert fort. Bei dieser Konstellation braucht man also den Paragrafen 613a BGB nicht, er ist auch nicht anwendbar. Profis würden sagen: Bei einem sogenannten Share Deal gilt § 613a BGB nicht.

Veräußert die Meyer GmbH dagegen ihre materiellen und immateriellen Betriebsgüter (sog. Assets) an die Mueller GmbH, dann sieht das ganz anders aus. In diesem Falle wären die Arbeitnehmer der Meyer GmbH nämlich auf einmal in einem Unternehmen beschäftigt, welches keine Betriebsmittel mehr hat. In dieser Konstellation besteht also das Bedürfnis nach einer gesetzlichen Regelung. Diese gesetzliche Regelung ist § 613a BGB, der im wesentlichen anordnet, dass in so einem Fall eben auch die Arbeitsverhältnisse auf den Erwerber (im Beispiel die Mueller GmbH) übergehen.

Ein Betriebsübergang im Sinne von § 613a BGB liegt laut Gesetz vor, wenn ein Betrieb (oder Betriebsteil) durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber übergeht.

b) Gesamtbetrachtung, einzelne Kriterien

Da der Gesetzeswortlaut für die Frage, ob ein Betriebsübergang vorliegt, nicht viel hergibt, hat sich eine umfangreiche Rechtsprechung dazu entwickelt.

Ausgehend von der Art des Unternehmens (Produktionsbetrieb oder Dienstleistungsunternehmen) stellen die Gerichte darauf ab, ob der Erwerber die sachlichen und/oder immateriellen Betriebsmittel übernimmt, also Betriebseinrichtung, Maschinen, Fahrzeuge, Räumlichkeiten, Patente, Know-how, Kundenbeziehungen, Aufträge usw. Relevant sein kann auch: Verändert der Erwerber die Arbeitsorganisation oder nicht? Setzt er die Tätigkeit unmittelbar fort oder liegt eine zeitliche Unterbrechung vor?

Auch in der Übernahme eines (wichtigen) Teils der Belegschaft kann nach der (neueren) Rechtsprechung ein Indiz für einen Betriebsübergang liegen, nämlich dann, wenn es sich um einen betriebsmittelarmen Betrieb handelt, der im wesentlichen durch seine Arbeitskräfte geprägt ist (zum Beispiel Reinigungs- oder Bewachungsgewerbe). Da ist man dann schnell in einem Betriebsübergang drin, auch wenn der Erwerber seine eigenen Reinigungsgeräte mitbringt und insoweit nichts vom „Vorgänger“ übernimmt.

Entscheidend ist nicht ein einzelnes Kriterium allein, sondern es kommt vielmehr auf eine Gesamtschau aller Umstände und eine wertende Betrachtung an. Das macht die rechtliche Beurteilung im Einzelfall mitunter schwierig, eröffnet andererseits aber auch Gestaltungsmöglichkeiten für die an der Transaktion beteiligten Unternehmen und deren Anwälte.

c) Praxis

Ein Betriebsübergang kann sowohl bei einem Unternehmenskauf (Asset Deal) vorliegen als auch beim Outsourcing einzelner Betriebsabteilungen, zum Beispiel der Kantine oder der Logistik (Lager). Lediglich eine „reine Funktionsnachfolge“ reicht nicht aus.

Problematisch dagegen das Insourcing, wenn also eine auf einen externen Dienstleister ausgelagerte Tätigkeit (zB Logistik, Reinigung, Catering) wieder vom Hauptunternehmen selber übernommen wird. Da wird dann § 613a BGB schnell auch zu einem Thema bei der Vertragsgestaltung zwischen den beteiligten Unternehmen bzw. sollte entsprechend berücksichtigt werden. Denn es kann recht teuer werden, wenn man ungeplant eine ganze Belegschaft mitübernehmen muss, weil das § 613a BGB so anordnet.

d) Rechtsfolgen

Primäre Rechtsfolge eines Betriebsübergangs ist, dass die Arbeitsverhältnisse auf den Betriebserwerber übergehen. Und zwar in der Form, wie sie zum Zeitpunkt des Übergangs mit dem bisherigen Arbeitgeber bestanden haben.

e) Widerspruchsrecht

Die Arbeitnehmer haben jedoch ein Widerspruchsrecht, d.h. sie können dem Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse auf den Betriebserwerber widersprechen. Die Frist für die Ausübung des Widerspruchs beträgt einen Monat  In diesem Fall bleiben sie Arbeitnehmer des bisherigen Arbeitgebers. Die Ausübung des Widerspruchsrechts stellt also keine Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer dar, sondern bewirkt (nur), dass er/sie beim alten Arbeitgeber bleibt und nicht zum neuen übergeht.

Obwohl es in § 613a Abs. 4 BGB heißt, dass eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber „wegen eines Betriebsübergangs“ unwirksam ist, müssen widersprechende Arbeitnehmer häufig trotzdem mit einer betriebsbedingten Kündigung rechnen. Das liegt daran, dass der Veräußerer eines Betriebes regelmäßig seine Tätigkeit einstellt oder erheblich reduziert, und in diesem Fall darf er dann auch nach den allgemeinen Regeln betriebsbedingte Kündigungen aussprechen. Ein Widerspruch seitens des Arbeitnehmers will also gut überlegt sein.

f) Unterrichtungspflicht

Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer sachgerecht zu informieren. Die Einzelheiten ergeben sich aus § 613a  Abs. 5 BGB.

Auf die sachgerechte Unterrichtung sollte großer Wert gelegt werden. Warum? Nur eine sachgerechte Unterrichtung setzt die Monatsfrist für die Ausübung des Widerspruchs in Gang. Ist die Unterrichtung fehlerhaft, kann der Arbeitnehmer also auch noch sehr viel später als einen Monat nach dem Betriebsübergang dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses widersprechen. Eine zeitliche Grenze wird dann nur durch die sogenannte Verwirkung gesetzt.

g) Und wie ist das mit den Tarifverträgen?

Kurz gesagt: sehr kompliziert. Es hängt davon ab, ob und wie Arbeitnehmer, bisheriger Arbeitgeber und/oder neuer Arbeitgeber tarifgebunden sind. Die Einzelheiten ergeben sich aus § 613a  Abs. 1 Sätze 2 und 3 BGB sowie aus allgemeinen Grundsätzen des Tarifrechts. Aber das sollte man sich dann im Einzelfall genauer ansehen.

7. Geschäftsführer

a) Begriff und Abgrenzung

Wenn Juristen vom „Geschäftsführer“ sprechen, dann meinen sie damit den Geschäftsführer einer GmbH, also das rechtliche Vertretungsorgan dieser Gesellschaft (§ 35 GmbH-Gesetz). Nicht jeder, der in der Unternehmenspraxis als „Mitglied der Geschäftsleitung“ bezeichnet wird, ist also tatsächlich Geschäftsführer im Rechtssinne.

b) Bestellung, Abberufung

Der GmbH-Geschäftsführer wird von der Gesellschafterversammlung bestellt und abberufen. Beides ist ins Handelsregister einzutragen. Die Eintragung im Handelsregister ist aber, wie die Juristen sagen, nicht konstitutiv, sondern nur deklaratorisch. Das heißt: Das Register soll zwar immer sachgerecht widerspiegeln, wer Geschäftsführer ist und wer nicht. Die Geschäftsführerstellung hängt aber nicht von der Eintragung im Handelsregister ab. Allerdings können sich Dritte grundsätzlich auf die Richtigkeit des Handelsregister verlassen.

c) Organstellung und Dienstvertrag, inbesondere Abberufung/Kündigung

Der Geschäftsführer steht gewissermaßen an der Schnittstelle von Gesellschaftsrecht und Arbeitsrecht bzw. Dienstvertragsrecht. Man unterscheidet zwischen der gesellschaftsrechtlichen Organstellung, welche durch die Berufung bzw. Bestellung begründet wird einerseits. Und dem Dienst- bzw. Arbeitsverhältnis andererseits. Letzteres wird durch den Abschluss eines Geschäftsführervertrages begründet.

Entsprechendes gilt für die Beendigung. Da gibt es nämlich zum einen die Beendigung der Organstellung durch die gesellschaftsrechtliche Abberufung des Geschäftsführers oder durch dessen Amtsniederlegung. Diese beendet aber noch nicht das Dienst-  bzw. Arbeitsverhältnis. Um letzteres zu beenden, bedarf es einer Kündigung des Geschäftsführervertrages.

Wenn sich eine GmbH von ihrem Geschäftsführer trennen will, muss also zweierlei geschehen: Zum einen muss er gesellschaftsrechtlich von seiner Organstellung abberufen werden, und zum anderen muss der Dienst-  bzw. Arbeitsvertrag gekündigt werden. Beide Maßnahmen folgen unterschiedlichen Regelungen. So ist die Abberufung des Geschäftsführers als Vertretungsorgan der GmbH grundsätzlich jederzeit möglich (§ 38 GmbH-Gesetz). Der Dienstvertrag dagegen kann nur zum Ende seiner Laufzeit oder unter Einhaltung der vertraglich vereinbarten Kündigungsfrist oder aus wichtigem Grund fristlos gekündigt werden. Es kann also durchaus sein, dass man einen GmbH-Geschäftsführer zwar sofort abberufen, aber erst zu einem deutlich späteren Zeitpunkt kündigen kann.

d) Ist der Geschäftsführer denn überhaupt Arbeitnehmer?

Auf die Frage, ob ein GmbH-Geschäftsführer Arbeitnehmer ist oder sein kann, findet man unterschiedliche Antworten. Das liegt an folgendem:

Für Rechtsstreitigkeiten über die gesellschaftsrechtliche Organstellung des Geschäftsführers sind die allgemeinen Zivilgerichte zuständig, letztinstanzlich also der Bundesgerichtshof (BGH). Arbeitsrechtliche Fragestellungen dagegen gehören regelmäßig vor die Arbeitsgerichte. Deren oberste Instanz ist das Bundesarbeitsgericht (BAG). Und für sozialrechtliche Themen, also insbesondere die Frage der Sozialversicherungspflicht, sind die Sozialgerichte zuständig, allen voran das Bundessozialgericht (BSG). Und jetzt kommt es: BGH, BAG und BSG sind sich in der Frage, ob ein GmbH-Geschäftsführer Arbeitnehmer ist oder nicht, nicht einig, sondern vertreten teilweise unterschiedliche Auffassungen. Das führt dazu, dass man die Frage, ob ein Geschäftsführer Arbeitnehmer ist oder nicht, je nach Rechtsgebiet gesondert beurteilen muss. Und auch innerhalb eines Rechtsgebietes, zum Beispiel innerhalb des Arbeitsrechts, sind unterschiedliche Antworten möglich.

e) Die Qualifizierung des Geschäftsführers als Arbeitnehmer in den verschiedenen Rechtsbereichen

Gesichert ist jedenfalls folgendes:

Kündigungsschutz: Das Kündigungsschutzgesetz gilt grundsätzlich nicht für den GmbH-Geschäftsführer. Das ergibt sich aus § 14 Abs. 1 Nummer 1 KSchG.

Zuständiges Gericht für Rechtsstreitigkeiten: Rechtsstreitigkeiten zwischen dem Geschäftsführer und der GmbH gehören grundsätzlich nicht vor die Arbeitsgerichte. Dies folgt aus § 5 Abs. 1 Satz 3 des Arbeitsgerichtsgesetzes. Zuständig ist vielmehr in der Regel das Landgericht, Kammer für Handelssachen (§ 95 Absatz 1 Nr. 4a GVG).

Aber Vorsicht: Diese Beurteilung kann sich ändern, wenn ein Geschäftsführer gesellschaftsrechtlich von seiner Organstellung abberufen wird. Dann ist er nämlich nicht mehr Geschäftsführer. Wie es in so einem Fall mit Kündigungsschutz und Gerichtszuständigkeit aussieht, war schon Gegenstand vieler Verfahren und sollte im Einzelfall sorgfältig geprüft werden.

f) Sozialversicherung

Sozialversicherungspflicht: Die Sozialgerichte sehen den sogenannten Fremdgeschäftsführer regelmäßig als sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer an. Fremdgeschäftsführer ist, wer zwar Geschäftsführer, aber nicht zugleich Gesellschafter der GmbH ist. Aber auch der Gesellschaftergeschäftsführer kann sozialversicherungspflichtig sein. Dies beispielsweise dann, wenn er weniger als 50 % der Geschäftsanteile der GmbH besitzt und gegenüber der Gesellschaft bzw. einem anderen Geschäftsführer weisungsgebunden ist. Das muss man sich dann ebenfalls im Einzelfall genauer ansehen.

g) Urlaub, Krankheit usw.

Urlaub, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall usw.: Anspruch auf bezahlten Urlaub und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall haben nur Arbeitnehmer im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Das Bundesarbeitsgericht steht bei der Beurteilung der Frage, ob ein Geschäftsführer Arbeitnehmer sein kann, zwischen BGH und BSG. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist ein Geschäftsführer (nur) dann Arbeitnehmer, wenn er nicht selbstverantwortlich über Zeit und Ort seiner Arbeitsleistung entscheiden kann, wenn also eine recht starke Weisungsgebundenheit des Geschäftsführers vorliegt.

Da die Beurteilung dieser Frage von Wertungen abhängt und zu Beginn des Vertragsverhältnisses häufig nicht eindeutig beantwortet werden kann, empfiehlt es sich, Themen wie Urlaub, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall usw. ausdrücklich im Geschäftsführervertrag zu regeln. Dann gilt nämlich das, was man vertraglich vereinbart hat, so dass es auf die arbeitsrechtliche Qualifizierung nicht mehr ankommt. 

8. Kündigung

a) Das Wichtigste zuerst: Schriftform!

Man kann es nicht oft genug sagen: Jede Kündigung bedarf der Schriftform (§§ 623, 126 BGB). Telefax, E-Mail oder gar WhatsApp genügen nicht.

Klingt einfach, aber nehmen Sie mal folgenden, etwas konstruierten Fall:

Arbeitnehmer (AN) arbeitet im Kleinbetrieb des Arbeitgebers (AG). Da sich AN über AG geärgert hat, gibt er ihm vor versammelter Mannschaft  zwei kräftige Ohrfeigen, bespuckt und beleidigt ihn. Und am Schluss rammte er ihm noch ein Taschenmesser in den Bauch. AG sagt darauf hin zu AN mit ersterbender Stimme : „Was fällt Ihnen ein, ich will Sie hier nie wieder sehen. Sie sind entlassen“. Danach bringt man ihn ins Krankenhaus. Er überlebt. Vom Krankenbett schreibt er dem AN von seinem Handy aus per E-Mail und WhatsApp, dass AN hiermit fristlos entlassen ist.

Ist diese Kündigung wirksam?

Nein, ist sie nicht, sie ist vielmehr formunwirksam, da die gesetzliche Schriftform des § 126 BGB nicht eingehalten ist. Telefax, E-Mail oder gar WhatsApp genügen nicht.

Es kommt nicht darauf an, wie offensichtlich „berechtigt“ eine Kündigung sein mag. Wenn die gesetzliche Schriftform nicht eingehalten wird, dann ist sie unwirksam.

(Nebenbei: Diesen Einwand der Formunwirksamkeit der Kündigung kann der Arbeitnehmer auch noch nach Ablauf der 3-Wochenfrist erheben, die ansonsten für die Kündigungsschutzklage gilt).

b) Zugang der Kündigung

Die Kündigung muss dem Empfänger (Arbeitgeber oder Arbeitnehmer) fristgerecht zugehen. Es kommt also nicht darauf an, wann der Arbeitgeber (oder umgekehrt der Arbeitnehmer) das Kündigungsschreiben absendet. Auch das Datum des Poststempels ist nicht entscheidend. Entscheidend ist vielmehr ausschließlich, wann die Kündigung dem Empfänger zugeht.

Eine Arbeitgeberkündigung geht dem Arbeitnehmer zu, wenn sie so in dessen Machtbereich gelangt ist, dass unter normalen Umständen mit einer Kenntnisnahme durch den Arbeitnehmer zu rechnen ist.

Einfaches Beispiel: Liegt das Kündigungsschreiben am Vormittag des letzten Tages der Kündigungsfrist im Briefkasten des Arbeitnehmers, dann ist die Kündigung regelmäßig rechtzeitig zugegangen. Wirft der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das Kündigungsschreiben dagegen erst abends um 21:00 Uhr in den Briefkasten, dann ist regelmäßig erst von einem  – verspäteten – Zugang am nächsten (Werk)Tag auszugehen.

Und was ist, wenn der Arbeitgeber beim Arbeitnehmer klingelt und ihm sagt, dass er ihm gerade ein Kündigungsschreiben in den Briefkasten geworfen hat? – Wenn der Arbeitnehmer das Kündigungsschreiben dann sogleich aus dem Briefkasten holt, liegt ein Zugang noch an diesem Tag vor.

Und wie sieht es aus, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber antwortet, dass er jetzt gerade „tatort“ schaut und keine Lust hat, seinen Briefkasten zu leeren? – Spannend, oder?

Oder lassen Sie uns mal folgenden Beispielsfall spinnen, Juristen tun so etwas ja gern: Der Arbeitnehmer ist abends um 21:00 Uhr mit seiner Frau beim Italiener Pizza essen. Da kommt der Arbeitgeber und legt ihm ein Kündigungsschreiben auf den Tisch. Zugang?Wenn der Arbeitnehmer das Schreiben öffnet und liest, zweifelsohne ja. Und wenn der Arbeitnehmer den Briefumschlag zerreißt, ohne ihn zu öffnen, mit der Bemerkung: „Sehen Sie nicht, dass Sie hier stören?“…  – Ja, manchmal kann Arbeitsrecht auch ganz amüsant sein!

c) Die fristlose Kündigung

Eine außerordentliche,  fristlose Kündigung ist nur aus wichtigem Grund möglich (§ 626 BGB). Was ein wichtiger Grund ist, wird regelmäßig im Einzelfall entschieden. Dazu gibt es eine umfangreiche Rechtsprechung.

Was mir an dieser Stelle aber besonders wichtig ist, ist folgendes: Eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund kann nur innerhalb von 2 Wochen ausgesprochen werden. Diese Frist beginnt gemäß § 626 Abs. 2 BGB in dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte (also zum Beispiel der Arbeitgeber) von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Wenn man als Arbeitgeber eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund aussprechen möchte, darf man also nicht zu lange zuwarten, denn sonst wird fingiert, dass der Grund wohl doch nicht so wichtig gewesen sein kann.

d) Ist eine Kündigung während einer Erkrankung des Arbeitnehmers zulässig?

Manche Leute meinen, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nicht kündigen darf, während der Arbeitnehmer krank ist. Aber das ist falsch. Man kann sogar im Gegenteil sagen, dass manchmal gerade die Krankheit ein Kündigungsgrund sein kann.

Lassen Sie mich das kurz einordnen: Im Rahmen der ordentlichen Kündigung gibt es verhaltensbedingte, personenbedingte und betriebsbedingte Kündigungsgründe. So steht es in § 1 des Kündigungsschutzgesetzes. Als personenbedingter Kündigungsgrund gelten zum Beispiel eine langdauernde Erkrankung oder viele Kurzzeiterkrankungen, wobei Voraussetzung für die Kündigung jeweils eine negative Gesundheitsprognose ist. Eine einfache Erkrankung ist also kein Kündigungsgrund, schließt aber umgekehrt eine aus anderen Gründen wirksame Kündigung auch nicht aus.

Der Arbeitgeber muss also mit dem Ausspruch der Kündigung nicht warten, bis der Arbeitnehmer wieder im Betrieb ist. Der Arbeitgeber könnte den Arbeitnehmer sogar im Krankenhaus besuchen und ihm bei dieser Gelegenheit das Kündigungsschreiben übergeben  – auch wenn das natürlich nicht besonders „fürsorglich“ ist.

e) Besteht Kündigungsschutz auch in kleinen Betrieben?

Vereinfacht ausgedrückt gilt das Kündigungsschutzgesetz nicht in Betrieben, in denen in der Regel 10 oder weniger Arbeitnehmer beschäftigt sind. Man braucht also mehr als 10 Arbeitnehmer, wobei die Auszubildenden dabei nicht mitgerechnet werden. Die Einzelheiten ergeben sich aus § 23 des Kündigungsschutzgesetzes. Dort steht auch, ob und wie teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mitgerechnet werden.

Umgekehrt heißt das: In Kleinbetrieben mit 10 oder weniger Arbeitnehmern gilt das Kündigungsschutzgesetz nicht.

Wenn das Kündigungsschutzgesetz gilt, muss jede (ordentliche) Kündigung „sozial gerechtfertigt“ sein. Der Arbeitgeber braucht also einen Kündigungsgrund, der entweder im Verhalten oder in der Person des Arbeitnehmers liegt, oder einen betriebsbedingten Kündigungsgrund.

Gilt das Kündigungsschutzgesetz dagegen nicht, also im sogenannten Kleinbetrieb, dann braucht der Arbeitgeber grundsätzlich keinen Kündigungsgrund. Die Kündigung darf allerdings nicht sittenwidrig bzw. treuwidrig sein (§§ 138, 242 BGB) oder gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen (§ 134 BGB). Aber die Anforderungen daran, dass eine Kündigung sittenwidrig ist, sind sehr hoch. Im Regelfall hat der Arbeitnehmer im Kleinbetrieb also schlechte Karten, sich gegen eine Kündigung zur Wehr zu setzen.

Ein möglicher Argumentationsansatz für den Arbeitnehmeranwalt kann manchmal sein, dass der Arbeitgeber über mehrere Betriebe verfügt und dass man die Anzahl der Mitarbeiter der verschiedenen Betriebe zusammenrechnen muss. Das eröffnet dann schon wieder einen gewissen Verhandlungsspielraum in der Güteverhandlung.

f) Ist das alles, was es zum Thema „Kündigung“ gibt?

Nein, nein und nochmals nein. Zum Thema Kündigung gibt es eine Vielzahl von Fragen, die man hier nicht ansatzweise vollständig abhandeln kann. Das sollte man dann im Rahmen einer Beratung im Einzelfall näher besprechen.

To be continued/Fortsetzung folgt

DR. GOTTWALD
Rechtsanwalt
Attorney at Law

Leopoldstraße 51
80802 München

Tel.: 089/383 293-10
Fax: 089/383 293-13

w.gottwald@kanzlei-dr-gottwald.de