Donnerstag, 28. März 2024

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Alles eine Frage der Form


Heute einmal etwas Formales.

Da können Sie Ihren Vertrag oder Ihr Kündigungsschreiben noch so kunstvoll formulieren. Wenn Sie die gesetzlich vorgeschriebene Form nicht einhalten, dann ist das Ding für die Tonne.

Formfragen gibt es viele. Ich möchte in diesem kleinen Beitrag zwei Fragestellungen herausgreifen, mit denen ich kürzlich zu tun hatte, nämlich:

1. Wann ersetzt die qualifizierte elektronische Signatur die gesetzliche Schriftform und wann nicht?

2. In welchen Fällen muss eine Vereinbarung, in der sich jemand dazu verpflichtet, einen notariell beurkundungsbedürftigen Vertrag abzuschließen, ihrerseits notariell beurkundet werden?

Das interessiert nicht jeden, schon klar. Derjenige aber, der einmal selber in seiner Praxis mit so einer Fragestellung zu tun hat, ist vielleicht für einen solchen Beitrag ganz dankbar.

1. Die qualifizierte elektronische Signatur

Wir wollen Ressourcen sparen und Papierdokumente möglichst durch elektronische Dokumente ersetzen. Die muss man nämlich nicht ausdrucken und per Lkw, Schiff oder Flugzeug hunderte oder gar tausende Kilometer über den Globus transportieren. Da reicht ein Knopfdruck. Eine gute Sache also.

Deshalb bestimmt § 126 Abs. 3 BGB:

Die schriftliche Form kann durch die elektronische Form ersetzt werden, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

Sie müssen also jeweils schauen, was das Gesetz bei einem bestimmten Rechtsgeschäft zur Form sagt. Manchmal steht da nämlich ausdrücklich drin:

Die elektronische Form ist ausgeschlossen.

So zB für folgende Rechtsgeschäfte und Verträge:

– § 623 BGB: Kündigung und Aufhebung von Arbeitsverhältnissen
– § 630 BGB: Zeugniserteilung
– § 766 BGB: Bürgschaft
– § 780 BGB: Schuldversprechen
– § 781 BGB: Schuldanerkenntnis

Die Liste ist nicht vollständig.

Vorsicht ist auch geboten, wenn das Gesetz „die Aushändigung einer … Urkunde“ verlangt, wie in

– § 74 HGB: nachvertragliches Wettbewerbsverbot.

Und natürlich ersetzt die qualifizierte elektronische Signatur nicht die notarielle Beurkundung.

2. Notarielle Beurkundung von „Vorverträgen“

Apropos notarielle Beurkundung. Bestimmte Verträge bedürfen der notariellen Beurkundung. Das ist klar und verdient keinen eigenständigen Beitrag.

Wie sieht es aber mit Verträgen aus, in denen sich jemand verpflichtet, zu einem späteren Zeitpunkt einen notariell beurkundungsbedürftigen Vertrag abzuschließen? Bedarf ein solcher „Vorvertrag“ auch der notariellen Beurkundung?

Wenn A dem B zB auf einem Bierdeckel verspricht:

Ich verpflichte mich hoch und heilig, dir meine Wohnung in der XY-Straße in notariell beurkundeter Form zu verkaufen. Gleich morgen gehen wir zum Notar.

Ist so eine Verpflichtung wirksam und bindend?

Ich hatte diese Problematik kürzlich in einem anderen Kontext. Daher hier drei Beispiele:

a) Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen

Die Übertragung (Abtretung) von GmbH-Geschäftsanteilen bedarf gemäß § 15 Absatz 3 GmbH-Gesetz der notariellen Beurkundung.

Wie sieht es mit der Verpflichtung zum Abschluss einer solchen Übertragung aus? Das steht explizit in § 15 Abs. 4 GmbH-Gesetz. Danach bedarf auch eine Vereinbarung, welche die Verpflichtung zur Abtretung eines Geschäftsanteils begründet, der notariellen Form.

b) Immobilienkaufvertrag

Grundstückskaufverträge bedürfen gemäß § 311b BGB der notariellen Beurkundung.

Wie sieht es mit einem Vertrag aus, in dem sich jemand verpflichtet, zu einem späteren Zeitpunkt einen Grundstückskaufvertrag abzuschließen? Oder mit einem Vorvertrag, der Einräumung eines Ankaufsrechts oder einer Reservierungsvereinbarung?

Eine gesetzliche Bestimmung gibt es dazu nicht. Es ist jedoch in der Rechtsprechung seit langem anerkannt, dass auch die Verpflichtung zum Abschluss eines Grundstückskaufvertrages der notariellen Beurkundung bedarf.

c) Erbvertrag

Erberträge müssen notariell beurkundet werden. Dies ergibt sich aus § 2276 BGB.

Und die Verpflichtung zum Abschluss eines Erbvertrages? Ist das da so wie bei der Verpflichtung zum Abschluss eines Grundstückskaufvertrages? …

Da können Sie in den größeren Kommentaren zu § 2276 BGB lange suchen, ohne etwas zu finden. Da steht nichts, weil sich diese Frage nämlich nicht stellt. Wie das?

Weil es den § 2302 BGB (Unbeschränkbare Testierfreiheit) gibt. Dort heißt es, dass ein Vertrag, in dem sich jemand verpflichtet, eine Verfügung von Todes wegen zu errichten, nichtig ist. Und ein Erbvertrag ist eine Verfügung von Todes wegen.

Ergo erübrigt sich die Frage, ob eine Vereinbarung, wonach sich jemand verpflichtet, einen Erbvertrag abzuschließen, der notariellen Form bedarf. Eine solche Verpflichtung wäre nämlich in jedem Fall gemäß § 2302 BGB nichtig; egal in welcher Form sie abgeschlossen wird.

So, das war’s auch schon. Es ist also vieles, aber nicht alles eine Frage der Form.


Dr. Wolfgang Gottwald
Rechtsanwalt

DR. GOTTWALD
Rechtsanwalt
Attorney at Law

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