Jetzt ziehen sie alle über den Bundeswirtschaftsminister her, von der konservativen Tageszeitung bis hin zur Comedy Show. Weil er offenbar etwas nicht versteht, was doch offensichtlich zu sein scheint: dass nämlich ein Unternehmen, welches keine Umsätze und Gewinne mehr macht, in die Insolvenz rutscht.
„Grob inkompetent“, unser Wirtschaftsminister. Mancher leicht „gehässige“ Oppositionspolitiker fordert sogar ein Traineeprogramm für Herrn Habeck.
Aber war das Auftreten des Bundeswirtschaftsministers in dieser Talkshow wirklich so inkompetent? Gut, besonders schlagfertig war er natürlich nicht. Und für den Laien musste sich tatsächlich der Eindruck aufdrängen, dass Herr Habeck die Zusammenhänge einfach nicht versteht.
Bei genauerer Betrachtung sind die Dinge aber keineswegs so offensichtlich, wie es die Moderatorin suggeriert. Ein Unternehmen ist nämlich nicht automatisch insolvent, wenn es (vorübergehend) nur noch geringere oder gar keine Umsätze mehr macht.
1. Insolvenzgründe
Insolvent ist ein Unternehmen dann, wenn es entweder zahlungsunfähig oder überschuldet ist (§§ 17 ff InsO).
Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung treten aber nicht automatisch ein, wenn ein Unternehmen einmal in einem Geschäftsjahr oder gar nur Quartal keine Gewinne, sondern Verluste macht. So etwas passiert selbst dem Branchenprimus im Bankensektor von Zeit zu Zeit.
Umsatzrückgang und/oder Verlust sind tatsächlich kein Insolvenzgrund. Das weiß natürlich auch der Mann von der Opposition. Aber er konnte halt der Versuchung, einen Treffer beim Volk zu landen, nicht widerstehen.
2. Vermeidung von Insolvenz
a) Ein Unternehmen, welches über Jahre erfolgreich gewirtschaftet hat, verfügt über ausreichende Rücklagen, um Krisenzeiten zu überbrücken.
b) Und wenn die Rücklagen nicht reichen, gibt es immer noch die Möglichkeit der Kapitalerhöhung. Dann müssen die Inhaber oder Gesellschafter, wenn sie an den künftigen Erfolg ihres Unternehmens glauben, eben vorübergehend Kapital zuschießen.
c) Eine weitere Möglichkeit, den Bestand des Unternehmens zu retten, besteht darin, dass man die Ausgaben den Einnahmen anpasst. Das nennt man sparen oder manchmal auch „gesundschrumpfen“. Wenn nicht mehr so viel reinkommt, dann muss man eben auch auf der Ausgabenseite Kürzungen vornehmen.
Manchmal läuft das auf einen Personalabbau hinaus, aber nicht zwangsläufig. Denn wenn die Marktlage wieder besser wird, dann sollte man auch wieder (oder noch) über das notwendige kompetente Personal verfügen, um der gestiegenen Nachfrage gerecht werden zu können.
3. Das Prinzip Marktwirtschaft
Das mag jetzt hart klingen, aber: Wenn ein Unternehmen es über Jahre nicht schafft, wieder in die Gewinnzone zu rücken, ja dann führt das in der Tat in die Insolvenz.
Aber das ist dann – volkswirtschaftlich gesehen – eigentlich keine Katastrophe, sondern das nennt man Marktwirtschaft. Gesunde, starke Unternehmen, die das liefern, was der Markt braucht, überleben. Andere, die am Markt vorbei produzieren oder nicht ökonomisch sinnvoll wirtschaften, werden aus dem Markt gedrängt. Vom Prinzip her funktioniert so unsere Marktwirtschaft, mit einer sozialen Komponente für Härtefälle natürlich (Soziale Marktwirtschaft, „Hilfspaket“ usw).
4. Beispiel Bäckermeister
Um den Bäckermeister mache ich mir eigentlich keine Sorgen. Brot und Brötchen werden die Leute immer essen, auch in der Krise. Ich glaube noch nicht einmal, dass die teureren Produkte, sofern sie qualitativ hochwertig sind, besonders leiden werden. Denn Geld ist in weiten Schichten der Bevölkerung zur Genüge vorhanden.
Wer Hunderte von Euro für ein VIP-Konzert-Ticket auf dem Messegelände oder im Olympiastadion ausgibt, der wird vermutlich auch dann nicht auf seine Vollkornsemmel verzichten, wenn diese jetzt 0,50 € mehr kostet.
Oder um in eine andere Richtung zu sticheln: Für den Preis einer Flasche Schnaps kann man sich ziemlich viele gute Semmeln kaufen. …
5. Fazit
Halten wir fest: Vorübergehende Umsatz- und Gewinnrückgänge führen nicht zwangsläufig in die Insolvenz. Gerade in der Krise muss sich ein Unternehmen bewähren, wenn es auf dem Markt bestehen will.
Wenn Herr Habeck das so gemeint hat und sagen wollte, dann erscheint er mir weit vernünftiger als so mancher seiner Kritiker.