Sie haben es wahrscheinlich schon mitbekommen: Ab dem 1.1.2022 bekommen wir ein „neues Kaufrecht“.
Also so furchtbar viel ändert sich eigentlich nicht. Aber eine interessante Neuerung gibt es dann doch, und die lautet: Zur Mangelfreiheit eines „digitalen“ Produktes gehört es auch, dass dem Konsumenten (Käufer) regelmäßig Softwareaktualisierungen (Updates) zur Verfügung gestellt werden – § 475 b Absätze 2, 3 und 4 BGB.
Da stellt sich aber folgendes Problem:
1. Aktualisierung als Verkäuferpflicht (Gewährleistung)
Nehmen wir einmal an, der Käufer hat bei Media Markt/Saturn ein elektronisches Produkt, zum Beispiel ein Handy (Smartphone) oder einen sog. Smart-TV eines chinesischen Herstellers gekauft. Dieser Hersteller hat seinen Sitz irgendwo in Shenzhen (China), jedenfalls nicht in Deutschland und häufig auch nicht in Europa.
Wer muss dem Kunden nun die Aktualisierung des gekauften elektronischen Produktes zur Verfügung stellen?
Nun, da es sich um eine Frage der Mangelfreiheit handelt, ist die Aktualisierungspflicht Teil der Gewährleistung und betrifft damit das Verhältnis des Käufers zum Verkäufer, in unserem Fall also das Verhältnis des Konsumenten zu Media Markt/Saturn.
Aber Media Mark/Saturn ist nicht der Hersteller und daher in aller Regel auch nicht ansatzweise dazu in der Lage, die verkauften elektronischen Produkte selbst zu aktualisieren. Solche Aktualisierungen kommen immer vom Hersteller, also beispielsweise von Apple, Samsung, Bose und so weiter.
Was passiert, wenn unser chinesischer Hersteller seinen Smart-TV nicht aktualisiert? Dann kann und wird sich der deutsche Kunde an den deutschen Verkäufer (Händler) wenden. Und der hat dann ein Problem.
2. Die Idee dahinter
Ist das so gewollt? Nun, vielleicht ist es vom Gesetzgeber nicht wirklich so gewollt, wird aber zumindest billigend in Kauf genommen, um den Käufer zu schützen. Denn dieser Käufer hätte natürlich praktisch überhaupt keine Möglichkeit, gegen den chinesischen Hersteller vorzugehen und dort seinen Aktualisierungsanspruch durchzusetzen. Deshalb besteht dieser Aktualisierungsanspruch gegen den Verkäufer (Händler).
Wie der Händler dann damit umgeht, ja, das überlassen wir ihm.
3. Handler aufgepasst!
Für Händler ist es jedenfalls sehr wichtig, ihrerseits sicherzustellen, dass die Hersteller der Aktualisierungspflicht nachkommen. Denn sonst müsste unser Händler seinerseits versuchen, Regressansprüche gegenüber seinem Verkäufer durchzusetzen – was auch für einen deutschen Händler schwierig ist, wenn der Hersteller ausschließlich in China seinen Geschäftssitz hat.
Aber Händler haben natürlich schon bessere Möglichkeiten als der einzelne Konsument, diese Regressansprüche zu realisieren. Im Rahmen einer laufenden Geschäftsbeziehung kann der Händler beispielsweise versuchen, seine Regressansprüche im Wege der Aufrechnung durchzusetzen. Oder er macht eben künftige Käufe davon abhängig, dass der Hersteller seinen Pflichten aus früheren Geschäften ordnungsgemäß nachkommt.
4. Fazit
In der Lieferkette Hersteller-Händler-Kunde hat sich der Gesetzgeber also dafür entschieden, den Händler in die Pflicht zu nehmen, um den Konsumenten zu schützen. Ich denke, dass dies der richtige, weil einzig mögliche Weg war. Dieser Weg mag zwar den Händler belasten, da ihm mit der Softwareaktualisierung eine neue, weitere Verpflichtung auferlegt wir. Aber dies war im Interesse des Konsumentenschutzes notwendig, und der Händler hat nun einmal im Vergleich zum Konsumenten bessere Möglichkeiten, diesen Anspruch durchzusetzen.
Man muss abwarten, wie sich diese neue Regelung in der Praxis bewähren wird. Vielleicht führt sie ja dazu, dass man auf dem deutschen Markt künftig nur noch Produkte zuverlässiger Hersteller findet, die nicht nur billig sind und kurzfristig funktionieren, sondern auch langfristig und nachhaltig den Qualitätsanforderungen des Konsumenten entsprechen.