Mittwoch, 24. April 2024

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Logistikverträge: Wie lässt sich eine Anpassung (Erhöhung) der Vergütung für den Logistiker durchsetzen?

Ausgangssituation

Logistikverträge sind in aller Regel langfristige Verträge, die für eine Laufzeit von mehreren Jahren abgeschlossen werden. Die Interessenlage des Auftraggebers geht dabei häufig dahin, dass die Vergütung während der gesamten Vertragslaufzeit oder zumindest für die ersten Jahre fix ist (Planungssicherheit). Der Auftragnehmer, also der Logistikdienstleister, will dagegen häufig die Möglichkeit haben, die Vergütung während der Vertragslaufzeit anzupassen, also zu erhöhen.

Für den Logistiker sieht die Problematik häufig wie folgt aus: Bei Vertragsabschluss legt er seiner Kalkulation bestimmte Parameter zugrunde, insbesondere bestimmte Auftragsvolumina (Mengen), Strukturdaten, Personalkosten, gegebenenfalls Mietzahlungen für die Immobilie, Dieselpreise usw. Diese Kalkulationsgrundlagen sind häufig nicht für die gesamte Vertragslaufzeit fix, sondern veränderlich. Manchmal entsprechen die tatsächlichen Gegebenheiten (zum Beispiel Mengen, Auslastung) von Anfang an nicht den Annahmen und Erwartungen.

Angesichts dieser Situation kann es für den Logistikdienstleister existenziell wichtig sein, die Vergütung während der Vertragslaufzeit anzupassen, da er andernfalls möglicherweise in einem Vertrag gefangen ist, der sich als nicht kostendeckend erweist.

Nicht unerwähnt bleiben soll, dass Logistikverträge häufig im Rahmen von Ausschreibungsverfahren vergeben werden, bei denen naturgemäß ein erheblicher Druck auf dem anbietenden Dienstleister lastet, möglichst konkurrenzfähige Preise anzubieten, um den Auftrag zu erhalten.

Welche Möglichkeiten bestehen nun für den Logistikdienstleister, die Vergütung während der Vertragslaufzeit anzupassen, d.h. zu erhöhen?

1. Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB)

Sieht der Vertrag keine Anpassung der Vergütung vor, bleibt eigentlich nur ein Rückgriff auf die Regelung in § 313 BGB. Diese besagt: Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrages geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung der Vergütung verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

Die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Norm werden in aller Regel nicht gegeben sein. Grund hierfür ist, dass die Preiskalkulation grundsätzlich im Risikobereich des anbietenden Dienstleisters liegt.

Um sich zumindest Argumentationsansätze für eine Anpassung der Vergütung auf der Grundlage von § 313 BGB zu schaffen, sollte man aber zumindest darauf drängen, dass die Kalkulationsparameter im Vertrag ausdrücklich genannt und somit zur Grundlage der Vergütung gemacht werden.

Besser aber ist es in jedem Fall, schon bei den Vertragsverhandlungen darauf zu drängen, dass eine Regelung zur Vergütungsanpassung in den Vertrag aufgenommen wird.

2. Vertragliche Regelungen zur Anpassung der Vergütung

a) Kalkulationsgrundlagen benennen

Wichtig ist es, die Parameter, auf denen die Preiskalkulation beruht, im Vertrag ausdrücklich zu benennen. Dies gilt vor allem für die erwarteten Mengen und Strukturdaten. Diese sollten dabei nicht nur im Jahresdurchschnitt benannt werden, sondern in deutlich kürzeren Zeitabschnitten. Unterschiedliche Auslastungsgrade (z.B. aufgrund von saisonalen Schwankungen) haben nämlich einen erheblichen Einfluss auf die Kosten der Leistungserbringung.

b) Maut, Dieselpreise

Bei manchen Kosten ist es relativ leicht vermittelbar, dass diese an den Auftraggeber weitergeleitet werden müssen. Dies trifft erfahrungsgemäß auf Mautkosten und Dieselpreise zu. Hier wird man häufig eine Regelung durchsetzen können, wonach Erhöhungen dieser Kosten 1 zu 1 an den Auftraggeber weitergegeben werden können (Stichwort Dieselfloater).

c) Personalkosten

Logistische Dienstleistungen sind personalintensiv. Die Lohnkosten haben daher einen erheblichen Einfluss auf die Gesamtkosten und damit auf die Vergütung. In Deutschland sind die Personalkosten relativ stabil. Wird die Dienstleistung dagegen in einem Logistikzentrum im europäischen Ausland erbracht, kann die Situation schon ganz anders aussehen. Hier sind unvorhersehbar hohe Steigerungen der Lohnkosten denkbar und stellen daher eine erhebliche Gefahr für den Logistikdienstleister dar. Es ist daher dringend anzuraten, in den Logistikvertrag eine Klausel aufzunehmen, wonach Lohnkostensteigerungen den Logistikdienstleister berechtigt, die Vergütung entsprechend anzupassen.

d) Automatische Preisanpassung oder Verhandlungslösung?

Am günstigsten ist es für die Logistikdienstleister, wenn er das Recht hat, bei Kostensteigerungen einseitig eine entsprechende Anpassung der Vergütung vorzunehmen, zum Beispiel im gleichen prozentualen Verhältnis wie die Kostensteigerung oder entsprechend § 315 BGB nach billigem Ermessen.

Weit weniger verlässlich ist demgegenüber eine Verhandlungslösung, wonach Kostensteigerungen den Logistikdienstleister lediglich berechtigen, in Verhandlungen über eine Anpassung der Vergütung einzutreten. Denn hier stellt sich natürlich die Frage, was gelten soll, wenn die Parteien keine Einigung erzielen.

Ein möglicher Ansatz geht dahin, die angemessene Anpassung der Vergütung in diesem Fall durch einen Schiedsrichter oder Sachverständigen vornehmen zu lassen.
Lässt sich auch dies gegenüber dem Auftraggeber nicht durchsetzen, dann bleibt nur die Vereinbarung eines Sonderkündigungsrechts, welches es dem Logistikdienstleister erlaubt, den Vertrag kurzfristig zu beenden, falls es zu keiner Einigung über die Anpassung der Vergütung kommt. Ein solches Sonderkündigungsrecht ist aber häufig unzureichend, zum Beispiel dann, wenn sich das Projekt für den Dienstleister nur dann rechnet, wenn der Vertrag über eine bestimmte Mindestlaufzeit durchgeführt wird. Das wird insbesondere dann der Fall sein, wenn der Logistikdienstleister hohe Investitionskosten hatte. Bei einer solchen Gestaltung muss man darauf achten, eine Regelung zu finden, wonach sich der Auftraggeber im Falle einer berechtigten Ausübung des Sonderkündigungsrechts durch den Dienstleister an den Kosten beteiligt.

Fazit

Logistikverträge sind, wie einleitend ausgeführt, langfristige Verträge, bei denen der sachgerechten Ausgestaltung der Preisanpassungsklausel eine entscheidende Bedeutung für den Erfolg oder Misserfolg eines Auftrags zukommt. Schlechte Verträge können hier existenzvernichtend sein. Dies gilt vor allem dann, wenn die ursprüngliche Kalkulation im Rahmen des Ausschreibungsverfahren allzu „blauäugig“ vorgenommen wurde.

Dr. Wolfgang Gottwald
Rechtsanwalt

DR. GOTTWALD
Rechtsanwalt
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