Freitag, 29. März 2024

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Deutsche GmbH und US Corporation: Who´s in Charge?

Zwischen einer deutschen GmbH und einer US Corporation bestehen viele Gemeinsamkeiten. An erster Stelle dürfte stehen: Beides sind rechtlich selbständige Kapitalgesellschaften, bei denen die Haftung der Gesellschafter grundsätzlich auf ihre Einlage beschränkt ist.

Aber wie sieht es mit der Machtverteilung innerhalb einer solchen Gesellschaft aus? Wer hat das Sagen? Von welchen Organen wird die Gesellschaft gelenkt und geleitet?

Das wollen wir uns nachfolgend einmal etwas genauer ansehen. So let´s take a closer look:

1. Deutsche GmbH

Die Organe einer deutschen GmbH heißen Gesellschafter (Gesellschafterversammlung) und Geschäftsführer. Daneben kann auch ein Aufsichtsrat (§ 52 GmbHG) bestehen, dieser ist jedoch nicht zwingend vorgeschrieben. Die meisten GmbHs, die ich kenne, kommen ohne Aufsichtsrat aus.

Die Aufgabenverteilung zwischen Gesellschaftern und Geschäftsführern ergibt sich aus Gesetz und Satzung.

Alle Macht geht, zumindest ursprünglich, von den Gesellschaftern aus. Diese ernennen den oder die Geschäftsführer und können diese auch jederzeit wieder abberufen, mit und auch ohne Grund (§ 38 Absatz 1 GmbHG).

Die Gesellschafterversammlung kann auch jederzeit Aufgaben, die nach Gesetz oder Satzung eigentlich den Geschäftsführern obliegen, an sich ziehen und/oder den Geschäftsführern Weisungen erteilen (§ 37 Absatz 1 GmbHG).

Grundlegende Entscheidungen in der GmbH obliegen ohnehin der Gesellschafterversammlung. In diesem Zusammenhang bestimmt § 46 GmbHG:

Der Bestimmung der Gesellschafter unterliegen:

– die Feststellung des Jahresabschlusses und die Verwendung des Ergebnisses; …

– die Einforderung der Einlagen;

– die Rückzahlung von Nachschüssen;

– die Teilung, die Zusammenlegung sowie die Einziehung von Geschäftsanteilen;

– die Bestellung und die Abberufung von Geschäftsführern sowie die Entlastung derselben;

– die Maßregeln zur Prüfung und Überwachung der Geschäftsführung;

– die Bestellung von Prokuristen und von Handlungsbevollmächtigten zum gesamten Geschäftsbetrieb;

– die Geltendmachung von Ersatzansprüchen, welche der Gesellschaft aus der Gründung oder Geschäftsführung gegen Geschäftsführer oder Gesellschafter zustehen, sowie die Vertretung der Gesellschaft in Prozessen, welche sie gegen die Geschäftsführer zu führen hat.

Man kann also vereinfachend und verallgemeinernd sagen, dass in der GmbH die Gesellschafterversammlung das maßgebliche Organ ist. Geschäftsführer, die nicht zugleich Gesellschafter sind, können von der Gesellschafterversammlung sehr leicht entmachtet und „an der kurzen Leine geführt“ werden.

2. US Corporation

a) Shareholders, directors and officers

Nach dem New York Business Corporation Law (BSC) hat eine Corporation drei Organe, nämlich shareholders (§ 601 ff), board of directors (§ 701 ff) und officers (§ 715 ff).

Die shareholders (Gesellschafter) wählen die directors (§ 703 BSC), und die directors ernennen die officers (§ 715 BSC), die sie auch jederzeit wieder entlassen können, mit oder auch ohne Grund, with or without cause (Einzelheiten siehe § 716 BSC, Removal of officers).

(Warum übersetze ich diese Begriffe nicht? Nun, weil es eben keine exakte deutsche Entsprechung gibt. Directors sind keine „Direktoren“, und officers keine „Beamten“ oder gar „Offiziere“. Aber eben auch nicht exakt Geschäftsführer oder Vorstände. Von daher sollte man mit der Verwendung deutscher Begriffe, die jeweils zu einer bestimmten deutschen Gesellschaftsform gehören, vorsichtig sein. Das ist übrigens ein generelles Problem von Fachübersetzungen und speziell der Übersetzung juristischer Texte. Die Wörterbuchvorschläge, zB mortgage = Hypothek, sind immer nur ungefähre Entsprechungen. Aber dies nur nebenbei).

Übliche Bezeichnungen für officers sind President, Vice President, Secretary und Treasurer (§ 715) oder auch CEO (Chief Executive Officer), CFO (Chief Financial Officer) und COO (Chief Operating Officer), wobei jedoch auch mehrere Funktionen von einer Person wahrgenommen werden können.

b) Management power, Direktionsrecht

Entscheidend: Gemäß § 701 BSC wird die corporation nach den Weisungen des board of directors geleitet und geführt:

„ … the business of a corporation shall be managed under the direction of its board of directors …“

Gemäß § 706 Buchstabe (a) BSC können directors von den Gesellschaftern nur aus wichtigem Grund (for cause) abberufen werden, sofern das certificate of incorporation nichts anderes bestimmt. § 706 Buchstabe (c) enthält weitere Anforderungen und Einschränkungen der Abberufbarkeit („The removal of directors … is subject to the following: …). Einzelheiten siehe dort.

3. Rechtsvergleich

Anders als in einer deutschen GmbH, ist das starke Organ in einer New York corporation das board of directors. Dieses board vereint Funktionen, die in einer deutschen GmbH von den Gesellschaftern und den Geschäftsführern ausgefüllt werden.

Anders als in einer deutschen Aktiengesellschaft, die neben den Aktionären (Hauptversammlung) und dem Vorstand zwingend über einen Aufsichtsrat verfügt (§ 95 ff AktG), übt das board of directors in einer US corporation aber nicht lediglich Überwachungs- und Kontrollfunktionen aus (§ 111 AktG), sondern hat – wie gezeigt – auch die Leitungsmacht inne (§ 701 BSC). Die Wirtschaftswissenschaftler sprechen in diesem Zusammenhang vom sog. Board System.

4. Fazit

Zumindest vom gesetzlichen Leitbild her, wird eine US corporation von ihrem board of directors geführt (Board System). Dieses board ist stärker als ein deutscher GmbH-Geschäftsführer und stärker als der Aufsichtsrat in einer deutschen AG.

Wer in einer US corporation das Sagen haben will, sollte sicherstellen, dass er einen Sitz im board of directors erhält – und sich nicht mit dem Posten eines Vice Presidents abspeisen lassen.

Dr. Wolfgang Gottwald
Rechtsanwalt – Attorney at Law

DR. GOTTWALD
Rechtsanwalt
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