Über die Rechtsfolgen Corona-bedingter Reisestornierungen wird ja zur Zeit viel geschrieben. In einem dieser Beiträge war kürzlich zu lesen:
„Besteht für ein Reisegebiet ein Übernachtungsverbot, dann wird die Beherbergung unmöglich und die Unterkunft muss Ihnen die bezahlte Anzahlung zurück erstatten“.
Schön und gut, möchte man sagen. Aber leider auch ein bisschen naiv:
1. Anwendbares Recht
Nehmen wir an, Sie haben Ihre Unterkunft oder sonstige Reiseleistung direkt bei einem lokalen (ausländischen) Anbieter gebucht. Zum Beispiel eine mehrtägige Dschunkenfahrt durch die vietnamesische Halong Bay oder einen Kameltrip durch die marokkanische Wüste, mit Übernachtung im Gaddafi-style Komfortzelt.
Glauben Sie wirklich, dass sich der vietnamesische bzw marokkanische Anbieter darauf einlässt, Ihre Stornierungswünsche nach deutschem Recht zu beurteilen?
Wohl eher nein. Für Reisebuchungen, die direkt mit einer Unterkunft in Thailand, Vietnam, Marokko oder Myanmar oder sonstwo vorgenommen wurden, gilt das dortige Recht. Da kommen Sie also mit deutschem Recht wahrscheinlich nicht weiter.
Und auch „irgendeine EU-Pauschalreiserichtlinie“ zählt dort leider wenig.
2. Zuständige Gerichte
Und dann stellt sich auch immer noch die Frage, wie Sie Ihren Anspruch denn praktisch durchsetzen wollen. Die vietnamesische Unterkunft bei einem deutschen Gericht verklagen? Wenig aussichtsreich.
Für Klagen gegen eine Unterkunft (oder generell einen Anbieter/Leistungserbringer) im Ausland sind die deutschen Gerichte nicht zuständig. Da müssen Sie schon vor einem Gericht am Ort der Unterkunft klagen.
3. Vollstreckung im Ausland
Selbst wenn Sie in Deutschland ein Urteil erstritten hätten, wie wollen Sie das denn dann in Thailand oder Myanmar vollstrecken? Deutsche Urteile gelten in Deutschland und, aufgrund des europäischen Vollstreckungsübereinkommens (EuGVVO), auch in Europa, aber beispielsweise nicht in Thailand, Myanmar, Vietnam oder Marokko. Auch nicht in den USA, by the way.
Da müssten Sie vielmehr, falls es das dort gibt, ein Anerkennungs- und Vollstreckungsverfahren vor Ort einleiten, mit einem örtlichen Anwalt versteht sich.
Ist das „unfair“? Nein, Deutschland vollstreckt auch nicht automatisch ein Urteil aus dem außereuropäischen Ausland. Wenn Sie also Ihre Reiseleistung vor Ort nicht bezahlt haben, brauchen Sie nicht zu befürchten, dass hier gleich der Gerichtsvollzieher mit einem thailändischen Vollstreckungstitel vor Ihrer Haustür steht und den Fernseher pfänden will.
4. Fazit
Wenn Sie direkt eine Unterkunft im außereuropäischen Ausland gebucht und auch schon etwas angezahlt haben, ist die Durchsetzung einer Rückzahlungsforderung rechtlich sehr schwierig. Von den praktischen Problemen, dem Aufwand und den Kosten ganz zu schweigen.
Man kann da also, wie so häufig im internationalen Rechtsverkehr, nur davon abraten, einseitig in Vorleistung zu treten und zum Beispiel Anzahlungen zu leisten. Zahlen Sie erst vor Ort, am besten nachdem Sie die Leistung in Anspruch genommen haben. Sonst bleibt Ihnen nur die Hoffnung, dass Ihr ausländischer Reiseanbieter fair und kulant ist.