Mittwoch, 11. Dezember 2024

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Nachfolgeklauseln in Gesellschaftsverträgen, Teil 2: GmbH

Wie in Teil 1 unserer kleinen Beitragsreihe dargelegt, richtet sich die Vererbung von Gesellschaftsanteilen, je nach Gesellschaftsform, nach unterschiedlichen Regeln. Das liegt daran, dass die Interessen und Konflikte in eine Aktiengesellschaft mit mehreren tausend Aktionären anders aussehen als in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die nur aus 2 Gesellschaftern besteht.

Der heutige Beitrag soll sich mit Nachfolgeklauseln bzw. der Vererbung von GmbH-Anteilen beschäftigen.

1. Rechtliche Einordnung der GmbH

Vorab ein paar Worte zur rechtlichen Einordnung der GmbH.

a) Man unterscheidet allgemein zwischen Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften. Personengesellschaften sind vor allem die OHG, KG oder eben auch die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Typische Kapitalgesellschaften dagegen sind die Aktiengesellschaft oder die GmbH.

Die GmbH ist die wohl beliebteste Kapitalgesellschaft für den deutschen Mittelstand. Eine Spielform der GmbH ist dabei die Unternehmergesellschaft (UG) haftungsbeschränkt, geregelt in § 5a des GmbH-Gesetzes.

b) Warum ist diese Unterscheidung wichtig?

Bei Personengesellschaften steht das Verhältnis der Gesellschafter zueinander im Vordergrund, häufig geprägt durch persönliche Geschäftsführung und eine (unbeschränkte) persönliche Haftung.

Bei Kapitalgesellschaften ist das anders. Hier ist die Haftung grundsätzlich auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt. Der einzelne Gesellschafter, sofern er seine Einlage erbracht hat, haftet darüber hinaus nicht persönlich. Auch die Geschäftsführung kann man in der GmbH einem gesellschaftsfremden Dritten überlassen (sog. Fremdgeschäftsführer). Bei der GmbH – und noch viel mehr bei der AG – steht also nicht die Person des Gesellschafters, sondern seine kapitalmäßige Beteiligung im Vordergrund.

Der Gesetzgeber hat diese Unterschiede zum Anlass genommen, auch die Vererbung von Anteilen an einer Personengesellschaft einerseits und einer Kapitalgesellschaft andererseits unterschiedlich zu regeln.

2. Die Vererbung von GmbH-Anteilen, gesetzliche Regelung

Die Vererbung von GmbH-Anteilen berührt zwei Rechtsgebiete, nämlich zum einen das Erbrecht und zum anderen das Gesellschaftsrecht, hier speziell das GmbH-Recht.

a) Die erbrechtliche Regelung im BGB ist grundsätzlich für alle Gesellschaftsformen gleich. § 1922 BGB bestimmt, dass mit dem Tode einer Person (Erbfall) deren Vermögen (Erbschaft) als Ganzes auf eine oder mehrere andere Personen (Erben) übergeht.

b) Unterschiedlich dagegen ist die Regelung im jeweiligen Gesellschaftsrecht. Für die GmbH heißt es in § 15 Abs. 1 GmbH-Gesetz, dass die Geschäftsanteile vererblich sind. Dies wird dahingehend ausgelegt, dass mit dem Tod eines Gesellschafters dessen Geschäftsanteil auf den oder die Erben übergeht.

Einfaches Beispiel zur Veranschaulichung.

A ist einer der Gesellschafter der A & B GmbH. Erben des A sind a1 und a2. Stirbt A, dann geht dessen GmbH-Anteil auf a1 und a2 über. Diese sind nunmehr unmittelbar kraft Erbfolge Mitgesellschafter der A & B GmbH.

Das ist doch sehr einfach, oder?

3. Gesellschaftsrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten

a) Was ist aber, wenn A und B nicht wollen, dass beim Tod von A dessen Erben a1 und a2 Mitgesellschafter der A & B GmbH werden? Was ist, wenn A und B vielmehr möchten, dass beim Tod eines der beiden Gesellschafter dessen Anteil auf den anderen Gesellschafter übergeht? Können A und B dann einfach in die Satzung der GmbH schreiben:

Beim Tode eines Gesellschafters soll dessen Geschäftsanteil auf den anderen Gesellschafter übergehen.

Hätte das zur Folge, dass beim Tod von A nicht a1 und a2 seinen Anteil erben, sondern mittelbar B?

b) Die Antwort lautet: Nein, so einfach geht das nicht. Es herrscht vielmehr das, was man den Vorrang des Erbrechts vor dem Gesellschaftsrecht nennt. Die Regelung in § 15 Abs. 1 des GmbH-Gesetzes, wonach der GmbH-Anteil (nach Erbrecht) vererbt wird, ist zwingend. Zwingend in der Weise, dass man diese Regelung nicht gänzlich abbedingen kann.

c) Möglich sind aber Modifikationen der erbrechtlichen Regelung.

Sehen wir uns einmal folgenden Sachverhalt an, mit dem ich es kürzlich zu tun hatte:

Die Brüder Adam und Bernd haben gemeinsam eine GmbH, nennen wir sie die A&B GmbH. Adam ist mit Alina verheiratet, Bernd ist ledig. Adam und Bernd wollen: Wenn Adam stirbt, soll Alina ihn allein beerben, aber der GmbH Anteil von Adam soll – möglichst sofort – an Bernd fallen, ohne dass Alina in der A&B GmbH etwas mitzureden hat oder eine Abfindung (bzw. ein Entgelt) für den GmbH Anteil erhält.

Frage: Kann man das so in der Satzung der A&B GmbH regeln?

Und hier kommt die Antwort:

(1) Der GmbH-Anteil gehört zum Nachlass und geht mit dem Tode eines Gesellschafters automatisch auf dessen Erben über. Diese Rechtsfolge kann man im Gesellschaftsvertrag nicht ausschließen. Man kann also nicht regeln, dass beim Tod eines Gesellschafters dessen GmbH-Anteil nicht an seine Erben, sondern an den anderen Gesellschafter fallen soll. Das geht bei einer GmbH nicht (Vorrang des Erbrechts).

(2) Die Satzung der GmbH kann jedoch vorsehen,

(a) dass der GmbH Anteil eines verstorbenen Gesellschafters eingezogen werden kann.

(b) Möglich ist auch die Regelung, dass der Erbe den GmbH Anteil an einen Dritten, zum Beispiel einen Mitgesellschafter, abtreten muss.

(c) Das heißt: Der Anteil fällt (bei a und b) zunächst an den Erben, der darf ihn jedoch nicht behalten.

(d) Problematisch ist, ob hierfür eine Abfindung oder ein Entgelt gezahlt werden muss.

Im Zweifel, so heißt es in der Kommentarliteratur, steht dem Erben ein sofort fälliger Anspruch auf volle Abfindung zum Verkehrswert zu.

Möglich sind aber, so heißt es weiter, sowohl Regelungen der Modalitäten der Zahlung, etwa der Fälligkeit, als auch Bestimmungen über die Berechnung und die Höhe der Abfindung bzw. des Entgelts.

Und jetzt kommt das Wichtigste: Auch ein völliger Ausschluss der Abfindung soll möglich sein (nicht ganz unumstritten).

4. Erbrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten

Will man sich nicht auf die gesellschaftsrechtlich möglichen Regelungen in der Satzung (siehe oben Ziffer 3) verlassen, dann wäre auch eine erbrechtliche Regelung möglich.

a) So kann jeder Gesellschafter beispielsweise zugunsten des anderen Gesellschafters erbrechtlich ein Vermächtnis aufsetzen, wonach der GmbH Anteil dem anderen Gesellschafter als Vermächtnis zugewandt wird. Der Anteil fällt dann zwar zunächst auch an den Erben, der Vermächtnisnehmer hat jedoch gegenüber dem Erben einen Überlassungsanspruch, und zwar ohne dafür eine „Abfindung“ zahlen zu müssen. Hier im Beispielsfall also: Vermächtnis von Adam zugunsten von Bernd über Adam´s GmbH Anteil.

b) Möglich wäre auch, dass ein Gesellschafter den anderen Gesellschafter zum Miterben macht und im Wege einer Teilungsanordnung bestimmt, dass dem Mitgesellschafter nur der GmbH-Anteil zustehen soll.

c) Konkret würde dies beispielsweise bedeuten: Adam regelt testamentarisch, dass er von seiner Frau Alina und von seinem Bruder Bernd beerbt wird. In dem Testament trifft er gleichzeitig die Teilungsanordnung, dass Bernd nur Adam´s GmbH-Anteil haben soll und Alina das gesamte sonstige Vermögen. Dadurch entsteht zunächst eine Erbengemeinschaft zwischen Alina und Bernd, die dann gemäß der von Adam getroffenen Teilungsanordnung auseinanderzusetzen ist (= Erbauseinandersetzung zwischen Miterben).

5. Fazit

Trotz der zwingenden gesetzlichen Regelung, dass GmbH-Anteile vererbt werden, gibt es also eine Reihe von Gestaltungsmöglichkeiten, sowohl gesellschaftsrechtlicher als auch erbrechtliche Natur.

Sinnvoll ist es, Erbrecht und Gesellschaftsrecht aufeinander abzustimmen. Dies wird sich ganz besonders bei den Personengesellschaften zeigen, mit denen wir uns dann im nächsten Beitrag beschäftigen wollen.

Dr. Wolfgang Gottwald
Rechtsanwalt

DR. GOTTWALD
Rechtsanwalt
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