Freitag, 26. April 2024

Previous slide
Next slide

Rechtsfragen rund um den GmbH-Geschäftsführer

1. Begriff und Abgrenzung

Wenn Juristen vom „Geschäftsführer“ sprechen, dann meinen sie damit den Geschäftsführer einer GmbH, also das rechtliche Vertretungsorgan dieser Gesellschaft (§ 35 GmbH-Gesetz). Nicht jeder, der in der Unternehmenspraxis als „Mitglied der Geschäftsleitung“ bezeichnet wird, ist also tatsächlich Geschäftsführer im Rechtssinne.

2. Bestellung, Abberufung

Der GmbH-Geschäftsführer wird von der Gesellschafterversammlung bestellt und abberufen (§ 46 Nr. 5 GmbHG). Das setzt einen entsprechenden Gesellschafterbeschluss voraus. Beides ist zudem ins Handelsregister einzutragen. Die Eintragung im Handelsregister ist aber nicht konstitutiv, sondern nur deklaratorisch. Das heißt: Das Register soll zwar immer sachgerecht widerspiegeln, wer Geschäftsführer ist und wer nicht. Die Geschäftsführerstellung hängt aber nicht von der Eintragung im Handelsregister ab. Allerdings können sich Dritte grundsätzlich auf die Richtigkeit des Handelsregister verlassen.

3. Organstellung und Dienstvertrag, inbesondere Abberufung/Kündigung

Der Geschäftsführer steht gewissermaßen an der Schnittstelle von Gesellschaftsrecht und Arbeitsrecht bzw. Dienstvertragsrecht. Man unterscheidet zwischen der gesellschaftsrechtlichen Organstellung, welche durch die Berufung bzw. Bestellung begründet wird einerseits. Und dem Dienst- bzw. Arbeitsverhältnis andererseits. Letzteres wird durch den Abschluss eines Geschäftsführervertrages begründet. (Nebenbei: Von Dienstverhältnis und nicht von Arbeitsverhältnis spricht man, wenn der Geschäftsführer eben gerade kein Arbeitnehmer im Sinne der arbeitsrechtlichen Definition ist, also nicht „weisungsgebunden“, sondern „frei“. Dazu gleich noch weiter unten. Wenn man es nicht genau weiß oder sich nicht festlegen will, verwendet man am besten die neutralen Begriffe „Anstellungsverhältnis“ oder „Geschäftsführervertrag„)

Entsprechendes gilt für die Beendigung. Da gibt es nämlich zum einen die Beendigung der Organstellung durch die gesellschaftsrechtliche Abberufung des Geschäftsführers oder durch dessen Amtsniederlegung. Diese beendet aber noch nicht das Dienst-  bzw. Arbeitsverhältnis. Um letzteres zu beenden, bedarf es einer Kündigung des Geschäftsführervertrages.

Wenn sich eine GmbH von ihrem Geschäftsführer trennen will, muss also zweierlei geschehen: Zum einen muss er gesellschaftsrechtlich von seiner Organstellung abberufen werden, und zum anderen muss der Dienst-  bzw. Arbeitsvertrag gekündigt werden. Beide Maßnahmen folgen unterschiedlichen Regeln. So ist die Abberufung des Geschäftsführers als Vertretungsorgan der GmbH grundsätzlich jederzeit möglich (§ 38 GmbH-Gesetz). Der Dienstvertrag dagegen kann nur zum Ende seiner Laufzeit oder unter Einhaltung der vertraglich vereinbarten Kündigungsfrist oder aus wichtigem Grund fristlos gekündigt werden. Es kann also durchaus sein, dass man einen GmbH-Geschäftsführer zwar sofort abberufen, aber erst zu einem deutlich späteren Zeitpunkt kündigen kann.

Wichtig ist auch die Beachtung einiger Formalien: So bedarf es auf jeden Fall eines entsprechenden Gesellschafterbeschlusses, der formal und materiell ordnungsgemäß zustandegekommen ist. Außerdem muss insbesondere die Kündigung gegenüber dem Geschäftsführer sachgerecht kommuniziert werden (Kündigungserklärung, § 623 BGB, Zugang usw.). – Da kann man als Gesellschaft „im Eifer des Gefechts“ schon so Einiges falsch machen, was dann teuere Folgen haben kann. …

4. Ist der Geschäftsführer denn überhaupt Arbeitnehmer?

Auf die Frage, ob ein GmbH-Geschäftsführer Arbeitnehmer ist oder sein kann, findet man unterschiedliche Antworten. Das liegt an folgendem:

Für Rechtsstreitigkeiten über die gesellschaftsrechtliche Organstellung des Geschäftsführers sind die allgemeinen Zivilgerichte zuständig, letztinstanzlich also der Bundesgerichtshof (BGH). Arbeitsrechtliche Fragestellungen dagegen gehören regelmäßig vor die Arbeitsgerichte. Deren oberste Instanz ist das Bundesarbeitsgericht (BAG). Und für sozialrechtliche Themen, also insbesondere die Frage der Sozialversicherungspflicht, sind die Sozialgerichte zuständig, allen voran das Bundessozialgericht (BSG). Und jetzt kommt es: BGH, BAG und BSG sind sich in der Frage, ob ein GmbH-Geschäftsführer Arbeitnehmer ist oder nicht, nicht einig, sondern vertreten teilweise unterschiedliche Auffassungen. Das führt dazu, dass man die Frage, ob ein Geschäftsführer Arbeitnehmer ist oder nicht, je nach Rechtsgebiet gesondert beurteilen muss. Und auch innerhalb eines Rechtsgebietes, zum Beispiel innerhalb des Arbeitsrechts, sind unterschiedliche Antworten möglich.

5. Die Qualifizierung des Geschäftsführers als Arbeitnehmer in den verschiedenen Rechtsbereichen

Gesichert ist jedenfalls folgendes:

Kündigungsschutz: Das Kündigungsschutzgesetz gilt grundsätzlich nicht für den GmbH-Geschäftsführer. Das ergibt sich aus § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG.

Zuständiges Gericht für Rechtsstreitigkeiten: Rechtsstreitigkeiten zwischen dem Geschäftsführer und der GmbH gehören grundsätzlich nicht vor die Arbeitsgerichte. Dies folgt aus § 5 Abs. 1 Satz 3 des Arbeitsgerichtsgesetzes. Zuständig ist vielmehr in der Regel das Landgericht, Kammer für Handelssachen (§ 95 Absatz 1 Nr. 4a GVG).

Aber Vorsicht: Diese Beurteilung kann sich ändern, wenn ein Geschäftsführer gesellschaftsrechtlich von seiner Organstellung abberufen wird. Dann ist er nämlich nicht mehr Geschäftsführer. Wie es in so einem Fall mit Kündigungsschutz und Gerichtszuständigkeit aussieht, war schon Gegenstand vieler Verfahren und sollte im Einzelfall sorgfältig geprüft werden.

6. Sozialversicherung

Sozialversicherungspflicht: Die Sozialgerichte sehen den sogenannten Fremdgeschäftsführer regelmäßig als sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer an. Fremdgeschäftsführer ist, wer zwar Geschäftsführer, aber nicht zugleich Gesellschafter der GmbH ist. Aber auch der Gesellschaftergeschäftsführer kann sozialversicherungspflichtig sein. Dies beispielsweise dann, wenn er weniger als 50 % der Geschäftsanteile der GmbH besitzt und gegenüber der Gesellschaft bzw. einem anderen Geschäftsführer weisungsgebunden ist. Das muss man sich dann ebenfalls im Einzelfall genauer ansehen.

7. Urlaub, Krankheit usw.

Urlaub, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall usw.: Anspruch auf bezahlten Urlaub und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall haben nur Arbeitnehmer im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Das Bundesarbeitsgericht steht bei der Beurteilung der Frage, ob ein Geschäftsführer Arbeitnehmer sein kann, zwischen BGH und BSG. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist ein Geschäftsführer (nur) dann Arbeitnehmer, wenn er nicht selbstverantwortlich über Zeit und Ort seiner Arbeitsleistung entscheiden kann, wenn also eine recht starke Weisungsgebundenheit des Geschäftsführers vorliegt.

Da die Beurteilung dieser Frage von Wertungen abhängt und zu Beginn des Vertragsverhältnisses häufig nicht eindeutig beantwortet werden kann, empfiehlt es sich, Themen wie Urlaub, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall usw. ausdrücklich im Geschäftsführervertrag zu regeln. Dann gilt nämlich das, was man vertraglich vereinbart hat, so dass es auf die arbeitsrechtliche Qualifizierung nicht mehr ankommt.

DR. GOTTWALD
Rechtsanwalt
Attorney at Law

Leopoldstraße 51
80802 München

Tel.: 089/383 293-10
Fax: 089/383 293-13

w.gottwald@kanzlei-dr-gottwald.de